Gitter
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                      Isolation

 

 

 

        Mit „Isolationshaft“ wird auf Wikipedia eine Form der Freiheitsentziehung definiert, bei der einem Inhaftierten innerhalb eines Gefängnisses oder einer ähnlichen Einrichtung Kontakt zu anderen Mitgefangenen, zur Außenwelt und manchmal auch zu Beschäftigungsformen verweigert wird. Die Isolationshaft wird auch als Vernichtungshaft bezeichnet und gilt als eine Form der Folter.

 

 

Nicht viel anders kann es einem bei ME/CFS ergehen! Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung geht der Kontakt zu Mitmenschen und zur Außenwelt nicht selten für längere Zeit völlig verloren, an Beschäftigung bzw. Arbeit ist nicht zu denken. ME/CFS kann Betroffene vorübergehend oder anhaltend ans Bett oder zumindest ans Haus fesseln.

 

Ich erinnere mich, als ich nach einem knappen Jahr Isolation in der Wohnung das erste Mal eine Runde mit dem Fahrrad um den Häuserblock versuchte, stiegen mir beim Anblick der blühenden Bäume und Sträucher die Tränen in die Augen. Es war, als ob ich die Natur vergessen hätte und mich wieder an sie erinnerte. Je länger ein Isolationszustand dauert, umso mehr Erinnerungen gehen verloren. Sie verschwinden einfach. Man vergisst offenbar und das Leben entgleitet einem irgendwie: der Duft der Pflanzen, der Geruch feuchter Erde, der Wind, der einem durch die Haare fährt, das Gefühl, über weichen Erdboden zu gehen,....

 

Wen wundert es, wenn Menschen unter solchen Extrembedingungen psychische Störungen entwickeln. Und leider werden oft in ärztlicher Unkenntnis - sofern man den Schilderungen in diversen Diskussionsforen Glauben schenken darf - in einem völlig verdrehenden Umkehrschluss psychische Folgeerkrankungen als Ursache der Erschöpfung hingestellt. Fehldiagnosen sind bei ME/CFS leider recht häufig, was verhindert, dass Patienten korrekt behandelt werden. Patienten müssten umgehend darüber informiert werden, wie dringend nötig es wäre, rasch ein Energiemanagement zu erlernen, das dem aktuellen Kräftehaushalt entspricht, um die ständigen crashes zu vermeiden, die nach Überlastungssituationen auftreten. Damit scheint die Spirale der kontinuierlichen Verschlechterung durchaus gebremst werden zu können.

 

Zurück zum Alleinsein: Um ganz ehrlich zu sein, das Alleinsein hat auch etwas sehr Schönes.

Ich genieße die Stille oft sehr. Eine Zeit lang war mein Schlafrhythmus so verdreht, dass ich schon gegen vier Uhr morgens ausgeschlafen war und meinen - inzwischen täglich möglichen - 8min.-Spaziergang startete. Draußen war es noch finster und ruhig, die Sterne leuchten, die Hähne krähten. Eigentlich hatte ich mir ja immer schon gewünscht, als Einsiedlerin  in einer Höhle oder in einem Kloster zu leben. Ein Traum, der sich nun in etwas anderer Form verwirklicht. Insofern darf ich mich nicht beschweren. Zu einem Retreat im Himalaya hätte ich mich vermutlich nie aufgerafft, so kommt das Retreat eben zu mir....